Serie aus 47 Fotografien unterschiedlicher Größe, C-Prints.
Peter Bösselmann 2008/2009
Ausgangspunkt für dieses Projekt war die eher zufällige Entdeckung, dass es einen Ort namens „Heidelberg“ in Brandenburg gibt. Auch dies also eine Projekt-Ressource. Ich fuhr im Sommer 2008 in die Gegend, mietete mir in der nahe gelegenen Kleinstadt ein Fahrrad und fuhr hinaus in die Landschaft, um dort „Heidelberg“ zu entdecken.
Ich fand ein winziges Dorf, bestehend aus nur einer Straße und geschätzt zwanzig Häusern, eingebettet in Wald und Feld. Stundenlang lief ich die Straße auf und ab oder näherte mich den Gebäuden so weit wie möglich von den umgebenden Feldern, vom Wald aus. Während dieser Zeit traf ich dort keinen Menschen an – und wusste nicht, was ich fotografieren sollte. Alle Bilder, die ich versuchte, wirkten belanglos dokumentarisch. In der Not machte ich zum Schluss bewusst unscharfe Aufnahmen und hatte zunächst den Eindruck, damit ein paar gültige Bilder aufgenommen zu haben. Nach der Rückkehr ins baden-württembergische Heidelberg erwies sich das aber als Trugschluss: Die unscharfen Fotos wirkten wie absichtlich unscharf gestellte Aufnahmen – was sie ja auch waren. Nicht mehr.
Monate nach diesem fast fruchtlosen Ausflug lernte ich das „Subjektiv“ kennen, eine Sammlung spezieller Objektive für digitale Spiegelreflex-Kameras. Zu den Einsätzen, die das Subjektiv zur Verfügung stellt, gehört auch eine sehr einfache Acryl-Linse, mit der man unmöglich „gute“, „scharfe“ Fotos machen kann. Mit dieser Linse gemachte Fotos haben eine gewissermaßen natürliche Unschärfe und zeigen oft eine geradezu magisch wirkende Lichtstreuung.
Mit dem „Subjektiv“ machte ich 2009 einen zweiten Versuch, das brandenburgische Heidelberg zu fotografieren. Dieses Mal kam ich zu einer Reihe für mich gültiger Aufnahmen. Letztlich wurde das Projekt MOYO dann aus drei Komponenten geformt:
- einige wenige Bilder aus der Heidelberg-Expedition in 2008
- Fotos aus der Subjektiv-Serie 2009
- Details aus in der DDR veröffentlichten Büchern – 2009 antiquarisch erworben auf der Insel Rügen und abfotografiert während der Rückfahrt mit dem Zug nach Heidelberg (BW)
Bei der Ausstellung des Projekts in der Heidelberger Buchhandlung Himmelheber gehörten die Verhältnisse der Bildgrößen und die spezielle Hängung mit zum Konzept des Projekts.

Wandabwicklung der Ausstellung in der Buchhandlung Himmelheber, 2009
Der Begriff MOYO stammt aus dem Japanischen und wird im Go-Spiel verwendet für ein „großes potenzielles Gebiet“. Dieses Projekt steht in Korrespondenz zu dem nahezu zeitgleich ausgestellten Projekt DDR GO.
Zur Ausstellungseröffnung gab es Texte von Jan Faktor zu Bearbeitungen von Renaissancetänzen. Mit: Peter Bösselmann (Rezitation, Blockflöte, Elektronik, Arrangement), Lisa Frommer (Blockflöte), Sonja Wolfrum (Blockflöte) und Jens Wetzel (Shruti-Box). Das gleiche Musikprogramm wurde zur Vernissage der Ausstellung DDR GO gespielt.
Erstausstellung: Buchhandlung Himmelheber, Heidelberg, 2009